Donnerstag, 17. Oktober 2019
2019
Es änderte sich viel, als ich mich auf ihn einließ.
Ich ließ mich dieses Jahr auf viele Veränderungen ein, weil ich nicht mehr das Opfer meiner tragischen Familien- und Lebensgeschichte sein wollte. Ich wollte mehr sein, als das.
Die Wohnung half mir dabei. Zugegeben, ich hatte die Wohnung von einer alten Freundin übernommen, welche wohl nie wieder meine Freundin sein würde. Doch dies ist eine andere, tragische Geschichte meines Lebens. Es dauerte dementsprechend etwas länger, bis ich mich auf meine erste, eigene Wohnung einlassen konnte.
Die Trennung von meinem Exfreund war gerade mal zwei Monate her, da packte ich meine Sachen und unterschrieb den Mietvertrag. Ich hatte beschlossen nicht mehr zu warten oder zu trauern. Versteht mich nicht falsch, trauern ist gut und wichtig. Doch es kam mir so vor, als hätte ich schon ein halbes Jahr vorher mit dem Trauern begonnen. Manchmal weiß man, dass etwas zu Ende ist, bevor man es eigentlich weiß. Nennt es Vorahnung oder Unterbewusstsein aber ich wusste, dass die Trennung bald kommen würde. Ich hatte am Ende der Beziehung nur noch den Kampf gegen meine unbekannte Krankheit im Kopf und musste mich entscheiden. Kämpfe ich jetzt für die Beziehung oder für mich selbst? Was soll ich sagen? Wenn das Flugzeug abstürzt, sollte man erst dafür sorgen, dass man sich die Beatmungsmaske selbst aufzieht, bevor man anderen hilft. Und genau das wollte ich tun, weil ich schon so lange ohne Sauerstoff war und beinahe ohnmächtig wurde.
So kam es also, dass ich mir gefühlt das erste Mal selbst helfen wollte. Ich hatte dabei nicht nur eine Beziehung verloren, sondern auch einen sehr guten Freund. Wir trennten uns Freundschaftlich aber ganz ehrlich? Ich glaube nicht an sowas. Er veränderte sich zu einer fremden Person, mit fremden Freunden und Zielen. Die alten Erinnerungen verblassten, genauso wie die alte Person, welche er mal war. Das machte es für mich bedeutend leichter, denn den Menschen, welchen ich vorher geliebt hatte…dieser Mensch existierte so nicht mehr. Und ich hoffte vom ganzen Herzen, dass der neue Mensch glücklich werden würde.
Noch ein paar Monate vergingen. Mittlerweile hatte ich meine Wohnung eingerichtet und ging wieder zur Arbeit. Die Ärzte wussten mehr über meine Krankheit, was es nicht unbedingt besser machte aber ich hatte eine Chance. Bald schon würde ich erneut in eine Klinik fahren, nur diesmal länger. Zunächst wollte ich jedoch beruflich etwas zu Ende bringen. Das war mir wirklich wichtig. Die Erinnerungen an die schweren und traumatischen Zeiten tauchten immer wieder auf. Es war nicht plötzlich alles besser…es war anders. Manchmal, wenn ich auf dem Balkon saß und in den Sternenhimmel schaute, da war ich sogar dankbar. Ja, seit langem fühlte ich mich echt wohl und geborgen.
Ich hatte nicht mehr viele Menschen, denen ich vertraute und die ich aufrichtig liebte, aber das tat ich mit voller Überzeugung. Und dann, wenn ich vom Sternenhimmel zurück auf den Platz neben mir schaute sah ich, wie er mich ansah, Noah. Als wäre ich keine drei Jahre weg gewesen. Diese Art von Loyalität findet man nicht an jeder Straßenecke. Sowas ist kostbar.
Meine Freunde halfen mir wieder auf die Sprünge, obwohl ich nicht mehr allzu viel Hilfe brauchte. Die Jahre hatten mich krank gemacht, sie hatten mich schwach und klein gemacht. Doch jetzt, nachdem ich mich gesammelt hatte sah ich, dass sie mich vor allem stark gemacht haben. Ich bin klüger und selbstständiger geworden und ich habe gelernt, mir selbst die Maske aufzuziehen, wenn ich keine Luft mehr bekomme.

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Hass
Nichts lief so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Für jedes kleine Stück Liebe musste ich kämpfen und das seit Tag 1 meines Lebens. Natürlich traf es mich dann umso härter, wenn ich gesehen habe, wie anderen die Liebe einfach so zuflog.
Für mich war Liebe allerdings ein Kampf und ich war es gewohnt zu verlieren. Der Hass, der kam auf mich zu wie ein guter Freund und es gab Momente, in denen ich sogar sagen würde, wie ein bester Freund.
Ja, ich war ein eifersüchtiger Mensch und ja, ich würde sogar sagen krankhaft. Ich wollte einfach nicht mehr verlieren.
Wenn ich zum Beispiel sah, wie liebevoll meine Geschwister miteinander umgingen, während ich einsam auf einem mit Kaugummi beklebtem Bordstein saß und darauf wartete, von irgendwelchen Junkies abgeholt zu werden. In diesen Momenten hasste ich meine Geschwister…zu Unrecht, das wusste ich. Aber ich hasste sie.
Ich hasse meine Mutter, mit jedem Augenblick den sie anderen Menschen Liebe schenken konnte. Mich konnte sie nicht mal in den Arm nehmen, als ich ihr nicht mal bis zu den Knien reichte. Ich hasste all diese Menschen dafür, dass sie mir nicht annähernd die Liebe gaben, die ich bereit war zu geben. Die ich ihnen bereits gab.
Und dieser Hass würde mich noch lange begleiten…

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