Mittwoch, 10. August 2016
Abschiedsbrief
Liebe Haylie,
dies sind vorerst die letzten Zeilen meinerseits. Ich habe wirklich viel versucht und muss zugeben, wir haben gemeinsam auch viel geschafft. Im folgenden Brief möchte ich dir keine Vorwürfe machen und dies soll auch kein Versuch sein, dich zurück zu gewinnen. Irgendwie hatte ich dich nie so richtig. Dich kann man auch gar nicht haben. Dafür bist du viel zu anders und besonders. Dich kann man nur bewundern und hoffen, dass man jede Minute ausnutzt, die man mit dir hat. Leute, es stimmt wirklich. Haylie ist nicht wie die anderen Mädchen auf diesem Planeten. Du hast doch mal gejammert, weil deine Mutter keine Kinderbilder von dir hat. Weißt du was ich glaube? Das du kein Mensch bist und das auch nicht deine Eltern sind. Du bist ein Engel, welcher vom Himmel gefallen ist. Deine Flügel sind unsichtbar und man darf sie dir bloß nicht nehmen. Was heißt, dass man dich bloß nicht einengen sollte. Das war mir von Anfang an bewusst.
Unsere gezählten Tage habe ich echt genossen und jede Sekunde bleibt in meinem Kopf, bis ich sterbe. Ich weiß, du hast dich jetzt für Marvin entschieden und ich bin erwachsen, lasse dich deinen eigenen Weg gehen und hoffe, dass er dich so behandelt, wie du es verdient hast.
Ich kann noch so viel schreiben…über die gemeinsamen Tage zum Beispiel, die wir hatten. Weißt du noch, als ich Kaffee über dein Deutsch-Buch geschüttet habe? Du warst so sauer auf mich und hast deinen symbolischen Schmollmund gezogen. Man muss dich einfach nur am Nacken kraulen und du beruhigst dich und machst sogar manchmal Geräusche. Das erinnert mich voll oft an eine schnurrende Katze. Aber am besten ist das Geräusch, wenn du dich vor Lachen nicht mehr einkriegst. Du fängst dann an zu quieken, wie ein Meerschweinchen beim Sex. So ein verrücktes und zugleich bezauberndes Lachen habe ich noch nie gehört. Haylie, du bist mit Abstand die beste Freundin, die ein Mann sich wünschen kann. Mit dir kann man einfach auf der Couch gammeln und zocken. Du brauchst nicht viel Romantik, nein, du verabscheust es sogar manchmal. Zu viel kuscheln war noch nie dein Ding und ich habe es akzeptiert. Bei dir fühlt man sich dennoch geborgen, denn du machst jeden Scheiß mit und zeigst immer wieder, dass man sich auf dich verlassen kann. Wie oft saßen wir auf der Couch, haben coole Serien geguckt und allen möglichen Schrott gegessen. Solange, bis einem von uns schlecht wurde oder einer eingeschlafen war. Ich weiß noch, wie ich dir jeden Abend deinen Lieblings-Tee gemacht habe. Das war doch dieser türkische Schwarztee mit den frischen Pfefferminz-Blättern. Wie dankbar du immer geguckt hast, nur weil man sich endlich mal um dich gekümmert hat. Ich kann mich auch an das erste Schwimmen mit dir erinnern. Naja, wenn man das schwimmen nennen kann. Du standest am Ufer des Sees und hast nervös auf das Wasser geguckt. Du brauchst dich weder für deine fehlenden Schwimm-Skills schämen, noch für die Narben an deinen Hüften. Du hast eben ziemlich schnell heiße Rundungen bekommen, von denen andere nur träumen können. Naja…ich schweife ab. Weißt du, welche Erinnerung mich am meisten geprägt hat? Die Rührung in deinen Augen, als ich vor der Kirche auf die Knie gegangen bin und dir den Ring gegeben habe. Ja, ich wollte dich heiraten und ich wollte mich auch umtaufen lassen. Du konntest es nicht fassen und warst erst total dankbar. Doch irgendwann hast du angefangen mich zu lesen und hast anscheinend etwas gesehen, was dich wieder verunsichert hat. Kurze Zeit später kam die Party, kam Marvin.
Ich möchte deine Beziehung zu ihm nicht sabotieren und halte mich da raus. Alles was ich will ist, dass du glücklich wirst. Ich bete nur, dass er dir genug Freiraum gibt und dich nicht einsperrt. Dass er dich tanzen lässt, egal wo und egal wie viele Menschen das sehen. Sie werden sowieso begeistert sein. Er soll dich so laut und so lange singen lassen, wie du willst. Deine Stimme wird Krankheiten heilen. Er soll deine Religion und deine Gabe akzeptierten und dir helfen, wenn es Probleme gibt. Du, Haylie, kannst so vielen Menschen helfen, wenn du weiter an dir arbeitest.
Ich werde mich in Zukunft immer mehr aus deinem Leben heraus ziehen.
Nicht, weil ich es möchte aber es ist vermutlich das Beste so. Wir müssen weiter ziehen. Du sollst nur wissen, dass es immer einen Grund gibt weiter zu machen. Manchmal bist du sehr labil. Grade dann brauchst du jemanden, auf den du dich verlassen kannst. Ich hoffe, du hast den Richtigen für diese Aufgabe gewählt. Hör nicht auf die Menschen zu lesen. Du darfst nicht jedem vertrauen, wenn derjenige spricht. Lügen sind so schnell ausgesprochen, wie gedacht. Aber das Wichtigste ist, verliere niemals deinen Glauben an Gott. Er hat dich so weit gebracht und dich überleben lassen. Jetzt liegt es an dir, zu leben.
Man…ich werde dich echt vermissen. Deine weiche, warme Haut, deine dunklen Augen, die manchmal heller strahlen, als der Mond bei Nacht, deine wunderschönen, dicken Haare, die ich schon in vielen Farben gesehen habe…dein Lächeln und deine Worte. Einfach alles wird fehlen. Die Welt, meine Welt wird anders sein. Bitte, hör nicht auf dein Buch zu schreiben. Es ist schließlich dein Buch, du bist die Autorin und der Hauptcharakter. Du hast alles in der Hand.
Damit verabschiede ich mich fürs Erste.
Werde glücklich und denke nicht an den Abschied, denke an deine Zukunft.
Alles wird gut.
Versprochen.
Noah

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