Mittwoch, 21. September 2016
Das Böse
Ich kannte das Haus, indem ich mich befand. Leider kannte ich es zu gut…und ich wusste bereits, was mich erwartete.
Das Haus gehörte nämlich einer ehemaligen Schulfreundin, die dort immer ihre Hauspartys veranstaltet hatte. Eine schmale Treppe führte in den Keller, aus dem laute Musik dröhnte. Um keinen Preis wollte ich runter gehen, denn ich wusste, was ich dort zu sehen bekommen würde.
Die schwarze Gestalt von Niklas tauchte neben mir auf. Ich konnte weder einen Köper, noch Gesichtszüge erkennen. Alles, was ich wahrnahm, war eine schwarze Gestalt. Aber ich wusste, dass es Niklas war. Irgendetwas in mir drin, versicherte es mir. „Geh runter“, befahl mir seine tiefe, heisere Stimme. „Nein“, widersprach ich vehement. Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. Ohne noch ein Wort zu sagen, schubste mich seine enorme Kraft die Treppen hinunter, sodass ich mit dem Hinterkopf zuerst aufkam und mich schmerzerfüllt auf die Seite rollte. Jetzt war ich im Keller.
„Das hätte auch friedlich laufen können“, meinte Niklas schroff und zog mich auf die Beine. Widerwillig marschierte ich durch den kleinen Flur und kam bald darauf in einen Raum, der schwach beleuchtet wurde. Leere Becher lagen auf dem Boden, welcher klebte, als wären die Becher vor dem Sturz noch nicht leer gewesen. Unsicher hob ich meinen Kopf und schaute zum Ende des Raumes. Dort stand eine alte, hässliche Couch. Doch die Couch schockierte mich nicht so sehr, wie das knutschende Paar auf ihr drauf. Marvin saß dort, schmiegte sich an ein bekanntes Mädchen und steckte seine Zunge in ihren Mund. Das Mädchen, welches ich schon einmal gesehen hatte, saß auf seinem Schoß und klammerte sich an seinen Schultern fest, während sie sich hin und her wiegte. Die lila gefärbten Haare des Mädchens funkelten im fast dunkeln Raum. Am liebsten hätte ich sie ihr raus gerissen. Erschüttert schloss ich meine Augen, zwang meinen Körper endlich auf zu wachen. Mein Körper wollte jedoch nicht gehorchen. „Öffne die Augen und schau es dir an!“, fuhr mich Niklas an, der immer noch hinter mir stand. Jetzt presste ich meine Augen noch mehr zusammen, denn sowas zu sehen, bedeutete meinen Seelentod. Vorsichtshalber schirmte ich meine Augen mit meinen Handflächen ab und kniete mich auf den kalten Boden. „Deine Seele ist schwach. Du musst mit dem Schmerz leben! Menschen verlassen Menschen irgendwann! Na und?“, sprach Niklas verständnislos. „Öffne deine verdammten Augen!“ Seine angsteinflößende Stimme hallte durch den Keller. Irgendetwas zog an meinen Augenlidern, weshalb ich sie doch öffnete. Marvin war grade dabei, seine Hand unter ihrem kurzen, schwarzen Kleid verschwinden zu lassen. Ich schluckte schwer und fing an zu schreien, als würde mich jemand umbringen. „Kämpfe gegen den Schmerz an!“, hörte ich Niklas wieder sagen. Konnte dieser Mistkerl nicht einfach mal seinen dämonischen Mund halten? Denn dafür hielt ich ihn…für einen Dämon.
Geschwächt hörte ich auf zu schreien und wandte meinen Blick ab. Stattdessen warf ich Niklas einen kampfeslustigen Blick zu. „Du bist kein Engel, oder? Ein Engel würde sich nicht so daran aufgeilen, wenn ich leide. Und Niklas ist auch nicht dein richtiger Name“, stellte ich fest. Die dunkle Masse bewegte sich hin und her. „Wir sind doch Freunde, seitdem du klein warst“, erinnerte mich Niklas tonlos. „Freunde? Und wieso kenne ich dann nicht deinen richtigen Namen? Ich habe ein bisschen im Internet geguckt und einige Namen heraus geschrieben“, bemerkte ich und schaute auf meine Handfläche, auf der ich vor dem Schlafengehen noch die Namen notiert hatte. „Bist du Marbas oder Barbas? Dieser Dämon soll Krankheiten heilen können aber auch welche verursachen. Du könntest also verantwortlich sein, für all die Schmerzen der letzten Jahre. Oder bist du Aamon, der in die Zukunft und die Vergangenheit blicken kann? Oder vielleicht doch Furfur? Immerhin bist du auch ein Lügner und hast eine raue Stimme. Zu guter Letzt kommt Dantalion. Du spielst doch auch mit den Gedanken und Gefühlen der Menschen. Alle könnten zutreffen. Sei einmal ehrlich!“
Stille.
Der Schatten hatte sogar aufgehört sich zu bewegen. „Netter Versuch“, hauchte die Stimme mit einem sanften Unterton, welcher mir eine Gänsehaut verpasste. „Ich könnte dir sagen, wie ich heiße aber dafür musst du einen Pakt mit mir eingehen. Du tust, was ich dir befehle und im Gegenzug kriegst du Macht und Wissen. Komm schon, Haylie. Wir wissen beide, dass du sowohl körperlich, als auch seelisch am Ende bist.“ Für einen Moment zögerte ich. Doch eher würde ich sterben, als einen Pakt mit dem Bösen einzugehen. „Ich diene Gott“, sagte ich entschieden. Dann hörte ich Schritte hinter mir. Abrupt drehte ich mich um und im selben Moment rammte mir Marvin ein Messer in den Magen. Meine Augen weiteten sich geschockt, der Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper, während Blut aus der Wunde spritzte. „Falsche Antwort“, lachte Marvin, als ich zu Boden fiel. Ich schrie, bis der Traum kollabierte.

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