Mittwoch, 7. September 2016
Einsame Nächte
Die Nächte in meiner Wohnung wurden immer unerträglicher. Ich war allein, während Marvin in seinem Haus schlief, begann meine Hölle.
Mit aller Mühe wollte ich einen normalen Abend gestallten.
Ich sah mir einen alten Film im Fernsehen an, machte mir Toast mit Käse und Ananas, kuschelte mit meinem Kaninchen Luna und zog mein gewöhnliches Körperpflege Programm durch.
Dabei entwirrte ich meine Haare aus dem Dutt und wischte mir den Eyeliner von den Augen.
Je näher ich jedoch meinem kalten, leeren Bett kam, desto schlechter ging es mir. Ich sehnte mich nach Marvin und seiner Körperwärme. Nach dem großen, gemütlichen Bett in seinem Zimmer. Hier, bei meinen Großeltern, war ich immer nur ein Gast gewesen. Aber bei Marvin war ich mittlerweile zu Hause.
Nachdem ich mein abendliches Programm beendet hatte, lief ich im Zimmer auf und ab. Stur ignorierte ich die Müdigkeit, die mich überkam. Ohne Marvin würde ich sowieso nicht einschlafen können.
Auch, wenn man mir meine Albträume nicht nehmen konnte, so konnte er mir wenigstens das Schlafwandeln nehmen und die Angst, die ich nachts alleine im Bett verspürte.
Von draußen hörte man nichts, bis quietschende Reifen mich aufhorchen ließen, denn ich hatte diese Reifen und diese Art zu bremsen schon einmal gehört.
Schnell rannte ich aus meinem Zimmer, ins Wohnzimmer.
Dort öffnete ich die Balkontür und schlich nach draußen. Vorsichtig bückte ich mich, damit man mich von der Straße aus nicht sehen konnte.
Das weiße, große Auto hielt direkt neben meinem Wagen.
Wie immer, konnte ich nicht erkennen, wer dort am Steuer saß.
Aber dieser jemand schien mich zu verfolgen. Seit einigen Tagen wurde ich von diesem Auto verfolgt. Naja, besser gesagt, seit einigen Abenden. Denn dieses Auto tauchte nur auf, wenn ich spät abends von Marvin nach Hause fuhr. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass der Fahrer es auf mich abgesehen hatte.
Neugierig spähte ich auf die Straße, probierte wenigstens das Nummernschild zu sehen. Es gelang mir aber nicht und nach wenigen Sekunden fuhr das Auto weiter.
So ein Mist! Nachdenklich ging ich wieder zurück in mein Zimmer und legte mich in mein Bett. Mein Zimmer war so kalt und strahlte eine unbehagliche Einsamkeit aus.
Die Art von Einsamkeit, die sensible Menschenseelen kaputt macht. Stück für Stück. Ich sah mein Smartphone an, welches neben meinem Bett auf dem Tisch lag. Wie gerne würde ich jetzt Marvin anrufen.
Komischerweise erschien mir jede Sekunde, in der wir nicht schrieben oder uns sahen, sehr sinnlos.
Das war krank aber so ist die Liebe eben. Krank. Und man versteht sie nicht.
Diese Besessenheit würde mich in Zukunft wahrscheinlich umbringen. Darüber wollte ich mir allerdings keine Gedanken mehr machen. Hier und jetzt liebte ich ihn und wollte alles für ihn sein.
Stunden vergingen und ich konnte immer noch kein Auge zu machen. Die Angst machte sich in mir breit. Was würde ich heute wieder träumen? Würde ich heute wieder schlafwandeln? Wenn Menschen nicht einmal in der Nacht ihre Ruhe finden, werden sie definitiv verrückt.
Das wollte ich nicht zulassen.
Vielleicht würde ich noch einen Weg finden, um das luzide Träumen wieder besser zu beherrschen.
Paarmal durchatmen und ich konnte das Licht ausmachen. Meine Augen schlossen sich langsam. In der Dunkelheit, die ich dann sah, stellte ich mir Marvin vor.
Seine blauen Augen, in denen man auch grau und grün erkennen konnte. Seine braunen, weichen Haare. Seine vollen Lippen, die ich so gern küsste.
Die Liebe hatte mich wohl doch erwischt. Und ich versuchte mit diesem Gefühl einzuschlafen.
So hatte ich die Chance von einem Engel zu träumen.

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