Freitag, 12. Februar 2016
Happy Birthday
"Und wie sieht das aus?", fragte ich, als ich aus der Umkleidekabine des Kleidergeschäfts kam. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und betrachtete mich im großen Spiegel, der neben den Umkleidekabinen aufgestellt war. Das Geschäft war klein und die Verkäuferin hatte ein wirklich intensives Parfum aufgelegt, denn der ganze Laden roch nach ihr. Nadja tauchte hinter mir auf und musterte mich begeistert. "Das steht dir echt gut!" Als ich mich im Spiegel betrachtete viel mir auf, dass es mir wirklich stand. Jedoch war der Ausschnitt des Kleides ziemlich gewagt und es ging mir nicht mal bis zu den Knien. Es war ein schönes, schwarz-goldenes Kleid aber war es nicht zu gewagt? "Ich glaube das ist mir ein bisschen zu offenherzig. Meinst du nicht?", fragte ich meine Freundin skeptisch, die heftig mit dem Kopf schüttelte. "Erstens ist das ein ganz normales Partykleid und zweitens bist du alt genug." Ich sah im Spiegel, dass Noah genervt an der Wand hinter uns lehnte und seinen Milchshake schlürfte, obwohl ihm die Verkäuferin das noch vor fünf Minuten verboten hatte. Der Typ nervte mich wirklich und es ärgerte mich, dass wir den gleichen Freundeskreis hatten und Nadja ihn angewiesen hat, uns zur Stadt zu fahren. "Warte, lass das Kleid an! Ich glaube ich habe am Eingang Schuhe gesehen, die perfekt zu dem Kleid passen. Warte hier!", befahl Nadja motiviert und raste davon. Noah stieß sich von der Wand ab und setzte sich auf die Bank, die vor meiner Kabine aufgestellt war. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich skeptisch an.
"Willst du wieder einen dummen Kommentar ablassen?", fragte ich genervt, bevor er etwas sagen konnte. Er schüttelte ebenfalls genervt den Kopf. "Nein aber es scheint so, als hättest du heute Nacht noch eine Menge vor", bemerkte er trocken und deutete auf mein Kleid. Ich funkelte ihn böse an. "Dann ruf deinen besten Kumpel an und berichte ihm davon! Ihr seit bestimmt scharf darauf, mir auch diesen Abend zu versauen", schrie ich ihn an und musste schlucken, damit mir nicht die Tränen in die Augen schossen. Sein bester Kumpel, mein Exfreund, hatte mir mein Leben versaut und das wusste er genau. Jetzt stand er auf und sah mich ernst an. "Ich dachte, nach all der Zeit wüsstest du es besser. Ich habe mit diesem Kerl nichts mehr zu tun und ich kann auch nichts für die Vergangenheit und das weißt du." Nadja kam in dem Moment zurück und hatte drei Schuhkartons auf ihren Armen gestapelt. "Ich warte draußen", sagte Noah und verließ den Laden. Er hatte Recht und genau das wusste ich auch. Ich hatte meine Gefühle nicht unter Kontrolle und gab ihm für alles die Schuld und trotzdem traf er sich noch mit mir. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder er legte überhaupt keinen Wert auf mich und es war ihm total egal, was ich sagte...oder er empfand doch etwas für mich und versuchte...zu kämpfen?
Ich nahm ein paar schwarze High Heels und probierte sie an, während Nadja einige Bilder von mir schoss. Nadja schoss gerne und bei jeder Gelegenheit Bilder aber selten von sich, dabei war sie wirklich hübsch.
Sie hatte eine Art Bob-Frisur, die ihr wirklich gut stand und echt guten Geschmack, was Mode anging.
"Ich weiß gar nicht ob ich wirklich Lust auf die Party habe", jammerte ich, als wir zur Kasse gingen. Eigentlich hatte ich wirklich keine Lust, denn meine echten Freunde würden nicht da sein. Eine Bekannte aus der Schule hatte mich zu ihrem Geburtstag eingeladen, weil sie zu Hause eine Party schmiss und die Bude voll kriegen wollte. "Du wirst aber gehen. Ich kenne das Geburtstagskind zwar nicht aber es kann nicht schaden, unter Leute zu kommen", stellte Nadja fest und gab mir einen aufmunternden Schubs Richtung Kasse.

Das Haus war echt überfüllt und es gab sogar einen DJ! Meine Schulfreundin begrüßte mich freundlich und ich trat in den Flur. Im Spiegel konnte ich sehen, dass ich heute zum Glück ganz annehmbar aussah. Natürlich trug ich das Kleid, was mir Nadja Mittags ausgesucht hatte und auch die hohen Schuhe. Meine Haare waren jetzt Schulterlang und funkelten dunkelbraun. Es hatte echt lange gedauert, das Rot aus den Haaren zu bekommen.
Ich ging ins Wohnzimmer und dann auf die Tanzfläche und obwohl ich kaum einen wirklich kannte, machte es mir echt Spaß dort zu sein.

Später am Abend waren die meisten schon betrunken aber ich hielt mich ganz gut. Immerhin hasste ich es mich zu betrinken und trank grundsätzlich nicht viel. Trotzdem sehnte ich mich nach frischer Luft und ging auf die Terrasse, um mich dort auf einen Gartenstuhl zu setzen. Dort sah ich ihn das erste Mal.
Er saß auf einer Bank neben meinem Stuhl und lehnte seinen Kopf gegen die Tischplatte. Es war dunkel aber das Licht, dass aus dem Wohnzimmer zu uns schien reichte aus, um seinen leidenden Gesichtsausdruck zu sehen. Mein erster Gedanke war, dass er zu viel getrunken hatte. Ich lehnte mich zu ihm rüber und tippte ihm auf die Schulter. "Wenn du kotzen musst, dann kann ich dir die Haare hochhalten", scherzte ich und grinste ihn an. Ich konnte nicht fassen, was ich da grade zu ihm gesagt habe! War das peinlich! Der Alkohol, sei es auch noch so wenig, tat mir echt nicht gut. Zumal er kurze, dunkelblonde Haare hatte und es da nichts hoch zu halten gab. Er richtete sich auf und schaute mich belustigt an. "Danke", sagte er und musste dabei lachen. Eric.
Wir saßen den ganzen Abend auf der Terrasse und unterhielten uns über dies und jenes. Dabei kam heraus, dass er gar nicht betrunken war. Er hatte einfach Kopfschmerzen und war deshalb hier draußen, mit mir.
"Ich muss meine Tasche suchen gehen. Ich glaube die ist oben", bemerkte ich, als es schon echt spät war. Ich stand auf und er tat es mir gleich. "Ich kann dir helfen", bot er an und folgte mir. Während wir die Treppen hinauf gingen befürchtete ich, er würde denken, dass wir im Zimmer rummachen würden. So eine war ich ganz sicher nicht, auch wenn mein Kleid vielleicht das Gegenteil behauptete.
Doch es kam anders. Wir suchten meine Tasche und dann setzten wir uns nebeneinander auf die Bettkante und sprachen einfach weiter. Er versuchte nicht, mich anzufassen oder irgendetwas dieser Art. Er war wirklich an mir interessiert, an meiner Person. Ich hatte noch nie einen Jungen wie ihn kennengelernt. Er war aufrichtig und ehrlich und ich glaubte ihm jedes Wort. Am Anfang nannten mich die Leute naiv aber wie sich später herausstellen sollte, lag ich richtig mit meiner Einschätzung. Was er aber leider nicht wusste...er hatte sich in ein Mädchen verliebt, dass alles um sich herum zerstörte und ihn mit in den Dreck ziehen würde.
Happy Birthday...

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