Montag, 26. September 2016
Mein Alltag
Natürlich wachte ich mit Schmerzen auf. Sobald ich die Augen öffnete, zog sich mein Magen zusammen und die bekannte Übelkeit setzte ein. Meine Knochen schmerzen, besonders an meinen Beinen. Langsam fühlte ich mich, wie Mitte 80. Seufzend setzte ich mich auf und strich meine Haare nach hinten, die mir durcheinander ins Gesicht fielen. Diese Schmerzen verfolgten mich schon seit mindestens sieben Jahren aber dennoch hatte ich jeden Morgen die kleine Hoffnung, ohne sie aufzuwachen. Ernüchtert von dem gewöhnlichen Morgen ging ich ins Badezimmer. Selbst die Nächte waren keine Erholung für mich. Das sah man besonders an den dunklen Augenringen, die man besonders morgens erkennen konnte. Mit Mühe schminkte ich meine Augen dunkel, um meine Augenfarbe zu unterstreichen. Meine Augen waren das Einzige, was ich wirklich an mir mochte. Paradoxerweise waren sie auch mitunter das Einzige, was mich an meinen Vater erinnerte. Nachdem das tägliche Ritual beendet war, ging ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Ich wusste, dass grade Kaffee für meinen angeschlagenen Magen nicht gut war. Allerdings wollte ich mir von meinen Schmerzen nicht alles kaputt machen lassen. Also füllte ich mir eine Tasse auf, nahm ein Buch und ging auf den Balkon. Dort setzte ich mich in die schwache Sonne, die kaum Wärme spendete. Immerhin hatten wir schon Herbst und es war sowieso schon ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit. Da wollte ich mich nicht beschweren. Sehnsüchtig starrte ich auf mein Buch und wünschte mir insgeheim, auch Teil eines Romans zu sein, indem es ein Happy End gab.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging aber irgendwann hörte man Kinderlachen, welches immer näher kam. Die Kinder hatten Schule aus und wurden jetzt von ihren Eltern abgeholt. Eine Straße weiter befand sich nämlich eine Grundschule, auf die schon meine Mutter gegangen war, als sie meiner Oma kaum über die Knie reichte. Gespannt klappte ich das Buch zu und beobachtete die kleinen Familien. Väter und Mütter hielten ihre Kleinen an den zarten Händen und unterhielten sich mit ihnen, während sie über den Bürgersteig liefen. Manche Kinder sprachen so laut und aufgeregt, dass ich sie ebenfalls verstehen konnte. Es gab spannende Berichte von neuen Freunden, von doofen Freunden und von neuen Themen im Unterricht. Wie ich so dasaß und zuhörte, fing ich an leicht zu lächeln. Es erfreute mich, dass es noch normale Menschen auf dieser Welt gab, die ein normales aber wundervolles Leben hatten. Sie konnten einfach zur Schule gehen, wurden von ihren Eltern zu Hause erwartet und hatten kaum Schmerzen. Das Lachen eines Kindes ist das Ehrlichste.
Schon wieder stach der Schmerz in meiner Brust, so als wollte er mich in meine Realität zurück bringen. Wütend packte ich mein Buch und warf es in meinem Zimmer auf mein Bett. Ich ging zu der Schublade unter meinem Schreibtisch und zog verschiedene Medikamente heraus. Überfordert sah ich mir die Verpackungen an und fragte mich, wozu ich den Mist überhaupt nahm, wenn ich sowieso Schmerzen hatte. Entschlossen zog ich meine Jogginghosen an und ein Top. Dann band ich mir meine Haare zu einem Zopf, packte die Medikamente zurück in die Schublade und rannte die Treppen hinunter. Im Hof fing ich an zu rennen. Ich ignorierte die Schmerzen, die immer schlimmer wurden.

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