Montag, 15. Februar 2016
Wer nicht kämpft, verliert.
Das Leben läuft manchmal auf eine Entscheidung hinaus, die sich nicht vermeiden lässt.
Es war Abend und am nächsten Morgen musste ich wieder früh raus. Ich saß im Schneidersitz auf meinem Bett und lackierte mir meine Nägel. Die dunkelblaue Farbe erinnerte mich an den Nachthimmel im Sommer...außer das die Sterne fehlten.
Noah kam grade aus der Küche und machte es sich mit einer Schale Cornflakes auf der Bettkante gemütlich.
Ich gab mir währenddessen große Mühe, den Nagellack ordentlich aufzutragen und bemerkte nicht, wie er die Schüssel zurück in die Küche brachte. Plötzlich saß er neben mir und deutete auf mein Handy.
"Kann ich dieses Zombie-Massaker Spiel zocken, solange du deine Nägel quälst?", fragte er. Ich nickte und er hielt mir das Handy hin, damit ich es durch die Daumen-Erkennung öffnen konnte. Vorsichtig legte ich meinen Daumen auf den Knopf, damit bloß der frische Nagellack nicht irgendwo dran kam.
So verging der Abend...Noah saß die ganze Zeit am anderen Ende des Bettes und schien in das Spiel vertieft zu sein.
Ich wartete, bis die Nägel trocken waren und legte mich dann unter meine Bettdecke. "Willst du nicht auch mal schlafen?", fragte ich verschlafen und machte mir dabei nicht die Mühe, die Augen wieder zu öffnen. "Sofort Honey", sagte er leise und machte das Licht aus.
Nach einigen Minuten spürte ich, wie er sich neben mich legte und den Arm um meine Taille schlang. Seine Lippen berührten meinen Nacken und ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals. Im Halbschlaf fragte ich ihn: "Und? Hast du gewonnen?"
Er drückte mich fester an sich. "Ja, hab ich."

Ich wachte schon auf, bevor der Wecker klingelte. Als ich auf die Uhr sah stellte ich fest, dass ich eigentlich noch eine halbe Stunde hätte schlafen können. Es war erst 05:30 Uhr aber irgendwie war ich hellwach. Ich kletterte vorsichtig über den schlafenden Noah und setzte mich an die Bettkante.
Als ich auf mein Handy sah bemerkte ich, dass mein bester Freund Marvin mir nichts mehr geschrieben hatte. War er sauer? Wir waren vor wenigen Wochen mehr oder weniger zusammen gewesen, hatten aber festgestellt, dass wir nicht zusammen passten. Diese Erkenntnis hatte mich irgendwie mehr mitgenommen, als mir lieb war. Die Freundschaft litt darunter, denn ich fühlte mich seltsam, wenn wir schrieben oder uns trafen. Es war komisch aber meine Gefühle fuhren Achterbahn. Die Liebe zwischen mir und ihm war plötzlich zu viel für eine normale Freundschaft aber zu wenig für eine richtige Beziehung. Was dazwischen wollten wir beide nicht.
Ich nahm mein Handy und ging in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen. Der Kaffee tropfte in die Kanne und ich setzte mich auf den Küchenstuhl und sah mir an, was ich Marv als letztes geschrieben hatte. Vielleicht hab ich ja etwas falsch gemacht.
Meine Augen starrten ungläubig auf das Display, als ich den Chatverlauf durchlas.
Noah hatte gestern Abend gar kein Zombie-Massaker Spiel gezockt...er hat mit Marv geschrieben! Dabei hatte er sich nicht mal die Mühe gemacht, den Verlauf zu löschen. Das gab Bonuspunkte für die Ehrlichkeit. Kurzgefasst ging es in dem Verlauf darum, dass Noah ihm unfreundlich klar machen wollte, Marv solle den Kontakt mit mir abbrechen. Was?! Als Marv meinte, ich solle ihm das selber sagen, nahm Noah die Sache selbst in die Hand, schickte noch einen Abschieds-Mittelfinger und blockierte Marv.
Zuerst war ich sauer...ich war stinkwütend. Noah hatte nicht das Recht meine Entscheidungen zu treffen und meinen Freunden zu sagen, sie sollen den Kontakt mit mir abbrechen. Auf der anderen Seite...hatte Noah recht.
Marv war mir immer ein guter Freund gewesen und wir konnten über viele Sachen sprechen. Als wir allerdings für kurze Zeit zusammen waren, lernte ich eine andere Seite von ihm kennen. Ich erkannte ihn nicht mehr. Er kämpfte nicht um mich, gab sich wenig Mühe mir zu zeigen, dass er es ernst meinte. Fehler sind auf beiden Seiten passiert aber das ist mein Grund, wieso ich verletzt war.
Und auch diesmal, kämpfte er nicht um mich. Er kämpfte nicht um unsere Freundschaft. Er überließ mir die komplette Entscheidung alleine. Kein Anruf, keine SMS. Für ihn war das Thema damit aus der Welt.
Klar, er konnte sich damit im Recht fühlen, denn er gab mir genug Freiraum. Doch wo waren da seine Gefühle? Seine wahren Meinungen? Wieso musste ich immer alles für uns beide Entscheiden? Grade ich...
Ich glaube, da lag das Problem. Zwischen uns fehlte die Leidenschaft...das Feuer. Vielleicht war es besser, den Kontakt wirklich abzubrechen und nach vorne zu sehen. Ich wollte nicht um eine Freundschaft kämpfen...nicht alleine. Also hob ich die Blockierung nicht auf, sondern lies mein Handy sinken und nahm mir eine Tasse Kaffee.

Der Wecker klingelte und kurze Zeit später stand ein verschlafener Noah in der Küche und starrte das Handy wissend an. "Guten Morgen, Honey", begrüßte er mich schließlich und nahm sich auch eine Tasse Kaffee. Dann setzte er sich gegenüber auf einen Stuhl und sah mich nachdenklich an. Ich starrte, wie schon seit einer halben Stunde, auf meine Tasse. "Du bist sauer", stellte Noah fest und hob eine Braue. Ich sah zu ihm und musste feststellen, dass er falsch lag.
"Ich finde es scheiße, das du mich gestern angelogen hast aber immerhin hast du den Verlauf nicht gelöscht und warst nicht ganz so...beleidigend. Das was du gesagt hast, war ja auch richtig und ich sehe es auch nicht ein, mich für dich zu entschuldigen. Außerdem hab ich das Gefühl, ihm macht es nicht viel aus, keinen Kontakt mehr mit mir zu haben." Als ich fertig war, nickte er zustimmend und trank etwas von seinem Kaffee. "Das heißt...du wirst durchziehen, was ich angefangen habe?" Er konnte es nicht glauben, weil ich sonst immer stur war, was das anging. "Sieht so aus...ich meine, wie oft habe ich mich jetzt schon mit ihm getroffen? Wie oft habe ich ihm die Chance gegeben mir zu zeigen, das da was zwischen uns ist? Was hat das gebracht? Nichts...und ich war immer die, mit den Tränen in den Augen. Irgendwann hab ich dann einfach nichts mehr gespürt, wenn wir zusammen waren", erklärte ich traurig. Noah umklammerte seine Kaffeetasse und sah mir tief in die Augen. "Du hast dich echt verändert, als ihr zusammen wart. Du warst plötzlich so...anders. Hattest Angst was falsches zu sagen und hast vieles hingenommen, wie ein Hund. Das warst nicht du, Honey." Ich nickte zustimmend. "Ich finde es nur schade, weil ich dadurch einen guten Freund verloren habe", bemerkte ich geknickt. Noah stand auf und räumte unsere leeren Tassen in die Spülmaschine. "Man verliert oft im Leben aber ich hab gesehen, wie du gekämpft hast. Du hast echt versucht dich anzupassen", sagte er und wandte sich dabei wieder zu mir. "Wenn man kämpft, kann man auch verlieren."
In mir zerbrach ein kleines Stück aber ich wusste, ich konnte weiter machen. "Wenn man nicht kämpft, hat man bereits verloren", stimmte ich zu und ich schaute aus dem Fenster.

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