Freitag, 12. August 2016
Wie das Meer in Griechenland
Wieso endeten die meisten Tage von mir immer in einem dunklen Wald? Dana war mal wieder in einer ihrer Selbstzerstörungsphasen. Obwohl ich selbst so voller Zweifel war, wollte ich stark sein...für sie. Noah, Jonah, Nick und ich hatten uns aufgeteilt, weil wir sie schnell finden wollten. Es war Sommer aber die Nacht war kalt, womit ich nicht gerechnet hatte. Deshalb zog ich meine Strickjacke enger an meinen Körper. Mit zitternden Händen hielt ich die Taschenlampe hoch, um zwischen den Bäumen zu leuchten. Das Licht der Lampe wurde immer schwächer, bald würde sie vielleicht den Geist aufgeben. Trotzdem beschloss ich in die tiefe Dunkelheit zu gehen und verschwand zwischen den Bäumen. Für Dana. (...)
Es war still im Wald, zu still. Kein nachtaktives Tier war zu hören oder zu sehen. Ich hätte gerne etwas mehr Leben an meiner Seite gehabt. Nervös quetschte ich mich an Baumstämmen vorbei und durch Sträucher hindurch. Irgendwo musste sie schließlich sein. Plötzlich knackte ein Ast. Ich war nicht alleine. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Zuerst wollte ich rufen aber das Risiko war zu hoch, dass es ein Axtmörder sein könnte. Also blieb ich stumm und torkelte weiter durch den Wald, bis ich die Umrisse eines Mannes sah. Er stand bergab am Flussufer und starrte etwas an. Schnell versteckte ich mich hinter einem dicken Baumstamm und hielt die Luft an. Jedes Geräusch erschien mir zu laut, selbst mein atmen könnte ihn auf mich aufmerksam machen. Vorsichtig schielte ich zu ihm, doch es war einfach zu dunkel. Er stand einfach dort, als wäre er versteinert. Das machte mir verdammte Angst. Vorsichtshalber hielt ich das Licht meiner Taschenlampe bedeckt, indem ich meine Handfläche darüber hielt. Das war allerdings nicht nötig, denn das Licht wurde immer schwächer, bis es irgendwann ganz aus ging. Panisch dachte ich über eine Lösung nach. Ich könnte einfach losrennen aber die Wahrscheinlichkeit war sehr groß, dass ich in der Dunkelheit fallen würde und der Typ könnte mich finden und ermorden...oder schlimmeres. Ein lautes Husten hallte durch den Wald und ich wusste sofort, dass es Dana gehörte. Ohne weiter zu überlegen nahm ich mein Handy, schaltete die Lampe von der Kamera an und preschte los. (...)
Mehrere Male drehte ich mich um, aber der Mann schien mich nicht zu verfolgen. Verzweifelt stand ich zwischen den Bäumen. Irritiert schaute ich mich um. Wo sollte ich hin? Ich hatte auch kaum Empfang. ,,Lauf weiter!", hörte ich die bekannte Stimme in meinem Kopf sagen. Also lief ich weiter vorwärts, bis die Bäume verschwanden und ich auf einer großen Wiese stand. Meine Haare mussten schon völlig zerzaust sein, denn mir hingen dicke Strähnen vor den Augen. Da sah ich Dana, die auf der Wiese saß und etwas rauchte. Neben ihr lagen haufenweise Flaschen und Dosen. Alkohol, super. Ich schickte ein Gebet gen Himmel, dass diese Flaschen und Dosen nicht alle schon ihren Weg in Danas Körper gefunden hatten. Erleichtert ging ich auf Dana zu, die sich nach hinten lehnte und mich benebelt ansah. Ihre roten Locken waren durcheinander und ihre grünen Augen blutunterlaufen. Der Mond spendete genug Licht, sodass ich sie auch ohne Lampe gut mustern konnte. Sie hob die Hand, um den Joint aus ihrem Mund zu nehmen. Grade, als ich mich zu ihr runter gekniet hatte, blies sie mir den Rauch ins Gesicht. Ein penetranter Geruch von Gras und Rum wehte mir entgegen und meine Kehle schnürte sich zusammen. Sofort wurde ich an Henry erinnert und an unsere unzähligen, heftigen Partys, die mir fast das Leben gekostet hatten. ,,Was machst du hier? Sowas hast du doch nicht nötig. Komm mit und wir gehen nach Hause. Bitte, mir ist kalt...", redete ich auf sie ein und wollte den Geruch ignorieren. ,,Entspann dich doch", lallte Dana und lies sich auf die Wiese fallen. ,,Nimm auch einen Zug." Sie hielt mir den Joint hin. Entgeistert starrte ich auf die Glut, die so schön schimmerte. ,,Ein Zug wird nicht schaden, nimm es!", herrschte mich die Stimme im Kopf an. Ich streckte meine Hand nach dem Joint aus. ,,Geht doch", meinte Dana gelassen und warf mir eine Dose mit Tequila zu. ,,Trink", meldete sich die Stimme erneut. Der Zwiespalt in mir wurde immer größer.
Ich öffnete die Dose und trank einen Schluck von dem brennenden Zeug. Kurz bevor ich einen Zug von dem Joint nehmen konnte, wanderte mein Blick in den Himmel. Ich sah den wunderschönen Mond und das reine weiß. Nein, ich war stärker als das. Entschlossen warf ich die Dose und den Joint weg und packte Dana an ihren Händen. ,,He...was machst du da?", fuhr sie mich verwirrt an. Mühsam half ich ihr, sich wieder richtig hinzusetzen. Anschließend drückte ich mit meinen Fingern gegen ihre Schläfen und machte kreisende Bewegungen. Dabei war mein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Ich roch alles, was sie in den letzten Stunden zu sich genommen hatte und das brennen in meiner Brust wurde immer schlimmer. ,,Willst du mich jetzt küssen?", fragte sie mich amüsiert. ,,Ich will, dass du mir in die Augen guckst", wies ich sie entschieden an. Während sie mich ansah, stellte ich mir etwas schönes vor. Sofort musste ich an die schönen, blauen Augen von Marvin denken und an das Gefühl, welches mich überkam, wenn ich ihn sah. Ich wollte dieses Gefühl auf Dana übertragen. Auf einmal wurde ihr Blick weicher und klarer. ,,So blau, wie das Meer in Griechenland", flüsterte sie, als hätte sie Marvins Augen grade gesehen. Ein Lächeln breitete sich in ihrem blassen Gesicht aus. Ich nahm die Hände von ihr und fühlte mich plötzlich viel älter und schwächer, als vorher. (...)
Dana und ich riefen die Jungs an und räumten dann den Müll weg, den Dana dort verursacht hatte. Sie fühlte sich schlagartig super und verliebt. So, als hätte sie meine Gefühle aufgesaugt. Ich dagegen war nur noch müde und wollte ins Bett.

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