Sonntag, 17. Juli 2016
Verteidigung
Wieso ich immer wegrannte? Keine Ahnung. Aber manchmal brauchte ich Abstand von den Menschen, die mir so viel bedeuteten und mich doch so sehr verletzten. Es war dunkle Nacht und ich lief alleine zu meinem Auto. Sonst begleitete mich Marvin immer aber diesmal wollte ich es nicht. Er hatte es wieder an die Spitze getrieben, weshalb ich aus seinem Haus gestürmt war und jetzt alleine durch den finsteren Spielplatz lief. Meine Tasche fest umklammert, lief ich im Schnellschritt an Bäumen vorbei, hinter denen ich jedes Mal jemanden vermutete. Leider, war es auch so. Man musste kein super Spion sein, um meine Abläufe zu studieren und mich irgendwann abzupassen. Ich lief meistens durch diesen Spielplatz, wenn ich zu meinem Auto wollte. Doch wie der Zufall so wollte, war ich ausgerechnet in dieser Nacht alleine.
Jemand packte mich von hinten am Hals, drückte mich gegen den Zaun neben mir und hielt mir den Mund zu. Wie krank musste ein Mensch sein, wenn er extra dort auf mich gewartet hatte? Antwort: sehr krank. Keuchend vor Angst wollte ich nach meiner Tasche greifen, die mir auf den Boden gefallen war. Dort befand sich nämlich mein Pfefferspray. Doch Hassan drückte mich fester gegen den Zaun. „Schade, dass er nicht da ist. Lässt der dich alleine hier durch gehen?“, fragte er gespielt besorgt. Er löste seine Handfläche langsam von meinem Mund, sodass ich aufatmen konnte. „Ihr nervt mich übertrieben…habt ihr keine anderen Hobbies?“, fuhr ich Hassan an, als er sich endlich mehr und mehr von mir löste. Wenigstens sah es nicht danach aus, als wollte er mich verprügeln. Stattdessen ging er einen Schritt zurück und schnaubte. „Du kleines Miststück hast die Scheiße angefangen, als du mit der Polizei angekommen bist. In ein paar Wochen sind die Gerichtsverhandlungen. Wir wollen nur auf Nummer sicher gehen, dass du nichts Falsches sagen wirst“, drohte er mir lächelnd. Mein Gott, wenn ich nur mehr Muskeln gehabt hätte, dann hätte ich ihm das Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. „Ihr habt die Scheiße angefangen, als mich dein Freund Kürsad halb Tod geprügelt hat. Ich habe keine Angst vor euch, weil ihr einfach nur kranke Menschen seid“, bemerkte ich schroff. Dann griff ich nach meiner Tasche und holte das Pfefferspray heraus, ohne dass er es sah. Ich hielt es hinter meinem Rücken fest umklammert. „Verdammt, du bist echt nervig, Kleine. Und du machst uns nur Ärger…“, flüsterte Hassan nachdenklich. Wieso sprach er so ruhig? Wahrscheinlich war er wieder auf Drogen. So, wie er sprach, hatte er zumindest gekifft. Er kam immer näher, während ich immer weiter rückwärtsging. „Aber eins muss man dir lassen…du bist verdammt süß und Unschuldig. Die Meisten finden das scharf“, raunte er und wollte wieder nach mir greifen. Ok, das reichte mir. Ich zückte das Pfefferspray und drückte ab, direkt in seine Augen. Hassan fluchte und rieb sich heftig im Gesicht herum. Allerdings wartete ich nicht, bis das Brennen aufhörte, sondern lief davon. Man, war ich froh, wenn diese Gerichtsverhandlungen vorbei sein würden und ich vielleicht irgendwann meine Ruhe hatte.
Nach einigen Metern musste ich stehen bleiben, weil ich einen Hustenanfall bekam. Anscheinend hatte ich die Gase des Sprays eingeatmet, denn mein Hals kratzte höllisch. Wenigstens befand ich mich wieder auf der beleuchteten Straße. Mehrere Male schaute ich nach hinten, um zu gucken, ob Hassan mir hinterher kam. Anscheinend hatte er keine Lust auf noch eine Ladung. Ich sah ihn nicht mehr. (…)
Als ich am Auto ankam, stand Marvin am Kofferraum. Er war wohl den anderen Weg zum Auto gelaufen, den ich ab dem Tag auch bevorzugen würde. Immer noch geschockt von der Begegnung grade, sah ich abwechselnd zu ihm und hinter mich. Dabei stellte ich fest, dass ich immer noch das Pfefferspray in der Hand hielt. Marvin schaute darauf und wirkte verwundert. „War da hinten jemand?“, fragte er sofort. Welche Optionen hatte ich? Wenn ich sagen würde, dass Hassan dort war, dann würde Marvin sofort dorthin gehen und es würde vermutlich eine Schlägerei geben. Wollte ich das? Auf keinen Fall. „Nein…ich war alleine und es war sehr dunkel…“, hauchte ich stattdessen. Dicke Tränen bildeten sich in meinen Augen. Alles war zu viel für mich. Marvin half mir, mich in mein Auto zu setzten, weil mir plötzlich schwindelig wurde. Wir stritten uns ständig. Meistens wegen banalen Sachen. Manchmal wurde es mir dann doch zu viel. Je länger wir auf dem Parkplatz waren, desto nervöser wurde ich. Was, wenn Hassan kommen würde aber diesmal nicht alleine? Man, ich wollte das alles nicht. Das war meine Schlacht und ich wollte nicht noch mehr Leute dort hinein ziehen. Das führte jedes Mal zu einer Katastrophe. Marvin ging um das Auto herum und setzte sich auf den Beifahrersitz. Er bemerkte, dass ich komisch drauf war und dass mich irgendetwas erschrocken hatte. „Ich gehe gleich mal gucken, was da hinten ist“, sagte er ernst. Oh nein…
„Ich fahre dich nach Hause“, sagte ich und kam langsam wieder zu mir. Jetzt ging es um seine Sicherheit. Ich musste mich zusammenreißen. Marvin schnallte sich an. „Du kannst ruhig fahren aber nicht zu mir nach Hause. Wir fahren zu dir und dann laufe ich“, befahl er regelrecht. Was sollte das? Mist…das hatte ich nicht mit eingeplant. „Nein, das kann ich nicht von dir verlangen. Ich werde schon gut ankommen“, widersprach ich seinem Plan. Er ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und sein Plan stand fest. Marvin würde nicht aus meinem Auto steigen. Super. Aber vielleicht war es doch besser so, wenn Hassan hier herum schlich. Also startete ich den Motor und schickte ein Gebet gen Himmel, dass Hassans Augen noch bis zum Nächsten Weihnachtsfest jucken würden. (…)
Marvin blieb noch etwas bei mir in der Wohnung, bis er aufbrach. Er konnte nicht bei mir schlafen, denn ich wusste nicht, ob Kürsads Lakaien hier auftauchen würden. Wie gesagt, mit mir konnten sie machen, was sie wollten. Aber wenn sie auch nur daran dachten Marvin oder meiner Familie etwas anzutun, würden sie sich wünschen, ihre Mütter hätten damals nicht die Schlüpfer ausgezogen und wären die fünf Minuten lieber spazieren gegangen. Ich hatte kaum Muskeln, war besonders im Nahkampf sehr schlecht aber ich hatte ein funktionierendes Gehirn, was man von ihnen nicht behaupten konnte. Außerdem war ich verdammt schnell, wenn ich es wollte. Nachdem Marvin gegangen war, kochte ich mir einen Tee und setzte mich auf den Balkon. Schlafen würde mir sowieso schwer fallen, weshalb ich fast die ganze Nacht auf dem Balkon saß und die Straße im Blick behielt. Keiner würde sich meiner Familie nähern. Nur über meine Leiche!

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Der Priester
Ich lag im Bett und starrte an die Decke. Der Tag hatte schon begonnen, allerdings fehlte mir die Motivation aufzustehen und etwas Sinnvolles zu tun. Also drehte ich mich auf die Seite, kuschelte mich in meine Decke und schloss die Augen. Niemand schien mich zu brauchen, niemand war bei mir. Bis plötzlich mein Handy klingelte und mich aus meinem Halbschlaf zog. Müde griff ich nach meinem Handy. Verwundert hielt ich inne, denn mit diesem Anrufer hatte ich nicht gerechnet. Priya, eine indische Freundin aus meiner damaligen Schule, rief an. Eigentlich hatte ich nicht viel mit ihr zu tun gehabt. Trotzdem begrüßte ich sie freundlich, als ich den Anruf entgegennahm. Dabei versuchte ich mich nicht allzu verschlafen anzuhören. „Hey, ich weiß, du wunderst dich bestimmt. Aber wir, also meine Familie und ich, haben ein Problem und du hast doch so viele Kontakte zur Kirche“, sagte Priya nervös. Kontakte zur Kirche? Ja, ich kannte Priester, die mir manchmal zur Seite standen. Jedoch gehörte ihre ganze Familie zu den Hindus. Wieso brauchten sie also Hilfe von der katholischen Kirche? Auf einmal wurde ich hellwach und setzte mich auf den Rand meines Bettes. „Worum geht’s?“, fragte ich schließlich. „Keine Ahnung, wie ich das erklären soll. Hier passieren komische Sachen. Also wirklich komische…und meine Schwester Malou hat sich echt verändert. Sie geht nicht mehr mit uns zum Tempel, betet nicht und hat mit dem heiligen Wasser rum geworfen“, erzählte Priya verzweifelt. Zunächst verstand ich das Problem nicht so ganz. „Vielleicht ist sie einfach nicht mehr so religiös, wie ihr es seid“, bemerkte ich ruhig. „Nein…das dachten wir zuerst auch aber das passt nicht zu ihr. Sie ist anders. Jemand muss uns helfen“, stellte sie fest. „Gibt es bei euch im Tempel keinen, der einen Segen oder sowas geben kann?“, fragte ich nachdenklich. „Nur in Indien. Da können wir jetzt nicht hin und sie würde auch gar nicht mitkommen“, antwortete Priya hoffnungslos. Ich stand auf und lief in meinem Zimmer auf und ab. „Ich rufe bei einem Freund von mir an, der Priester ist. Ich kann aber nichts versprechen“, sagte ich entschieden. Priya legte dankbar auf und ich hatte endlich wieder eine Aufgabe. (…)
Der Priester war, wie immer, sehr höflich und zuvorkommend. Ich berichtete ihm am Telefon, was mir Priya zuvor erzählt hatte. Natürlich wusste ich nicht viel über die Situation ihrer Schwester aber Priya hatte sich sehr verzweifelt angehört. Während ich telefonierte, saß ich in der Küche am Tisch und trank eine Tasse Kaffee. „Wir wissen nicht genug. Kannst du mir helfen?“, wollte der Priester von mir wissen. Nichts lieber, als das! Endlich wurde ich wieder gebraucht. Aufgeregt wippte ich hin und her. „Was soll ich tun?“, fragte ich entschlossen. „Besuch sie einfach. Du kannst es sehen, es fühlen, wenn etwas nicht stimmt. Wenn du der Meinung bist, es stimmt was nicht, dann komme ich und kann ihr helfen.“ (…)
Ich parkte mein Auto neben Priyas Wohnung. Es war Sonntagmittag und der Himmel war grau. Voller Tatendrang nahm ich meine Tasche und stieg aus dem Auto. Vielleicht hatte das komische Verhalten von Malou nichts zu bedeuten aber es gab mir wieder einen Grund, das Haus zu verlassen. Ihre Wohnung lag ganz oben in dem Mehrfamilienhaus. Man musste sich durch ein schmales, altes Treppenhaus kämpfen, bis man endlich oben ankam. Priya stand an der Türe und begrüßte mich erleichtert. Was ging bei denen ab? Sie trug noch ihr Gewand, welches sie sonntags immer anzog, wenn sie zum Tempel fuhr. Es war rot mit goldenen Verzierungen. Ihre schwarzen, langen Haare trug sie geflochten. Sie umarmte mich, so als könnte ich ihr ein besseres Leben schenken. Im kleinen Flur zog ich mir meine Schuhe und meine Jacke aus. Priya nahm mir die Sachen ab und verstaute sie in einem Schrank. Die Wohnung war klein und dunkel. Es roch nach indischen Gewürzen. Vielleicht kochte die Mutter grade etwas Exotisches. „Ich wollte nach deiner Schwester sehen“, gab ich mein Anliegen bekannt. Priya führte mich zunächst in das kleine Wohnzimmer. Auf der großen Couch lag Bettzeug. „Ich muss jetzt hier schlafen. Normalerweise teile ich mir mein Zimmer mit Malou aber sie macht mir Angst“, erklärte Priya leise. Die Couch nahm fast das ganze Zimmer ein. Ich fragte mich, wie sie mit ihrer ganzen Familie in so einer kleinen Wohnung leben konnte. Und dann drehte ihre Schwester auch noch völlig durch. An der Wand stand ein voller Wäschekorb. Ich erstarrte, als ich die Flecken auf den Kleidern sah. Blut. „Wir wissen nicht, wo das herkommt“, sagte Priya, als sie meine Blicke bemerkte. „Unsere Tempel-Kleider sind alle beschmutzt. Überall ist Blut.“ Mein Hals wurde trocken. Die Temperatur sank rapide und ich bekam Gänsehaut. Ruhig bleiben, ich hatte es dem Priester versprochen. „Ich rede mal mit ihr“, meinte ich. Priya nickte unsicher und führte mich wieder durch den engen Flur. Bald darauf standen wir vor einer Türe. Sie öffnete sie langsam und trat als Erste hinein. Ein schrecklicher Geruch kam aus dem Raum, sodass ich mir ein Würgen unterdrücken musste. Priya schien das nicht zu riechen, denn sie verzog nicht mal ihre Miene. Zögernd betrat ich das Zimmer. Auf dem Boden lag überall Müll. Die Möbel standen kreuz und quer im Raum. An der Wand stand ein Bett, allerdings ohne Bettwäsche. Wahrscheinlich war es das von Priya gewesen, bevor ihre Schwester angefangen hatte, Terror zu machen. Direkt daneben stand ein weiteres Bett, auf dem Malou saß und uns anstarrte. Ich hielt mir meine Nase zu, weil der Gestank immer schlimmer wurde. Priya sah mich irritiert an, sagte aber nichts. „Hey, wir haben uns mal flüchtig gesehen. Deine Schwester hat gesagt, dass es dir nicht so gut geht. Was ist denn los?“, begann ich das Gespräch freundlich und trat näher. Malou trug einen durchlöcherten, grünen Schlafanzug. Ihre schwarzen Haare waren verfilzt und hingen in alle Richtungen. Wow, sie sah aus, wie ich mich oft fühlte. „Warum ist sie hier?!“, knurrte Malou verächtlich. Sie rührte sich nicht. Ihr Körper saß, wie eine Statue auf dem Bett. Priya hatte sichtlich Angst vor ihrer Schwester. Sie rückte nämlich immer mehr zurück zur Türe. „Wow, eine unfreundliche Frage zur Begrüßung? Das hört sich aber nicht nach der Person an, von der mir Priya noch vor wenigen Monaten erzählt hat“, lenkte ich die Aufmerksamkeit wieder auf mich. Ich nahm mir einen Stuhl, der neben dem Schreibtisch an der Wand stand, und setzte mich wenige Meter vor Malou hin. „Also…nochmal. Was ist los?“, bohrte ich weiter nach und blieb höflich. Auch, wenn mein Magen sich zusammenzog, weil der Geruch sich weiterhin in meine Nase drängte. Wieso roch das keiner? Malou starrte mir bitterböse in die Augen. So, als wollte sie mich auffressen. „Verschwinde! Du scheiß Jesus Anhänger!“, brüllte Malou so heftig, dass ich zusammenzuckte. Ok, das war krass. Irgendetwas stimmte tatsächlich nicht mit ihr. Ich kannte sie noch flüchtig aus der Schule. Sie war immer die Schüchterne gewesen, die immer lieb zu allen war. Verunsichert aber standhaft blieb ich vor ihr. „Du musst nicht gläubig sein oder meine Religion mögen. Das verlangt keiner. Aber deine Familie macht sich echt Sorgen um dich“, sprach ich eindringlich. „Sie werden eh bald sterben. So, wie alle, die immer noch auf Gott vertrauen. Das kannst du deinem Priester auch sagen!“, fuhr Malou mich weiter an. Weißer Schaum hing ihr von der Lippe, als hätte sie Tollwut. Geschockt weitete ich meine Augen. Woher wusste sie von dem Priester? „Ich habe ihr nichts von dem Priester erzählt“, meldete sich Priya zu Wort, als könnte sie meine Gedanken lesen. „Das war auch nicht nötig. Ich weiß alles.“ Malou fing an zu lachen. Das ekelhafteste Lachen, was ich jemals gehört hatte. Dieses Gelächter ließ mich aufstehen. Dann sah ich es…
Wie ein Schatten, welcher sich von hinten an Malou schmiegte. Etwas war mit uns im Raum. Diesmal gab es daran keinen Zweifel. Ängstlich ging ich rückwärts und wandte den Blick nicht von dem Schatten. Priya schaute sich im Raum um, weil sie sehen wollte, was mich so sehr erschrocken hatte. Anscheinend konnte sie es nicht sehen. Ein Flüstern bahnte sich den Weg in meine Ohren. „Verpiss dich“, flüsterte jemand aggressiv. Egal, was es war. Freundlichkeit schien ein Fremdwort für das Etwas zu sein. (…)
Als ich wieder zu Hause war, rief ich sofort den Priester an. Ich fühlte mich ausgelaugt und konnte kaum stehen. „Ich habe es gesehen! Diesmal konnte ich es direkt sehen“, berichtete ich, wie unter Strom. Die letzte Kraft, die mir noch blieb, wendete ich für dieses Telefonat an. „Bist du dir sicher?“, fragte der Priester hörbar überrascht. „Ja, sehr sicher. Sie müssen Malou helfen. Da stimmt was nicht“, stellte ich besorgt fest. Es herrschte einige Sekunden völlige Stille. „Gut, ich mache es aber nur, weil du es bist. Du weißt, dass sie nicht zur katholischen Kirche gehören und es daher schwerer sein wird, wenn ich zusätzliche Hilfe brauche“, bemerkte der Priester mit bedacht. Ach, Kirche hin oder her. Was da abging musste unterbunden werden. „Also machen sie diesen Segen?“, hakte ich noch einmal nach. „Ja.“ Vielleicht würde ein Segen helfen. Meistens ernähren sich negative Kräfte von negativen Gefühlen. So etwas positives, wie ein Segen, könnte es (was auch immer „es“ ist) schwächen. „Beeindruckend“, murmelte der Priester in den Hörer. „Was meinen sie?“ Er atmete aus. „Naja, deine Gabe. Du kannst es wirklich sehen. Schon mal daran gedacht, dass deine unerklärlichen Schmerzen mit paranormalen Phänomenen zusammenhängen?“, dachte er laut nach. „Wie meinen sie das?“ Verdutzt lehnte ich mich gegen die Couch in meinem Wohnzimmer, den Hörer dicht an mein Ohr gepresst. „Vielleicht gibt es eine körperliche Reaktion, wenn eine böse Präsenz in deiner Nähe ist“, sagte er. Plötzlich musste ich grinsen. „Dann darf meine Tante nicht mehr zu Besuch kommen. Die ist das Grauen in Person!“, prustete ich los. Mein Lachen erstarb, als ich ihn nicht lachen hörte. Super, ein Schenkelklopfer. Ich musste ernst bleiben, so lächerlich sich seine These für manche Menschen anhören mochte. „Wenigstens hast du deinen Humor noch“, unterbrach der Priester mein Kichern. „Sowas wie dich bräuchte die katholische Kirche wirklich. Du könntest vielen armen Seelen helfen, wenn du trainierst.“ (…)
Ich dachte noch lange über dieses Gespräch nach, nachdem wir aufgelegt hatten. Egal, was die Leute von mir dachten, ich wusste, was ich gesehen hatte. Vielleicht sollte ich doch langsam anfangen zu akzeptieren, dass mein Leben niemals normal sein würde. Ich musste damit anfangen zu glauben, welche Fähigkeiten mir nachgesagt wurden.

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