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Samstag, 23. Juli 2016
Verwirrung
moonlight13, 15:16h
Selbst in den frühen Morgenstunden konnte ich nicht schlafen. Zu viele Dinge gingen mir durch den Kopf. Als ich mich grade zur Seite drehen wollte, um eine angenehmere Position zu haben, hörte ich das Klopfen. Es kam aus dem Käfig meines Kaninchens. Erschöpft rappelte ich mich auf, machte das Licht an und kniete mich vor den Käfig. „Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte ich Luna, natürlich ohne eine Antwort zu erwarten. Sie saß im Käfig, wie erstarrt, und atmete schnell. So panisch hatte ich sie noch nie erlebt. Normalerweise war sie ruhig und handzahm. Besorgt öffnete ich das Gitter und wollte sie streicheln. Plötzlich preschte sie an mir vorbei und rannte durch mein Zimmer, als wollte sie etwas töten. „Hey…was hast du denn? Es ist doch alles gut“, sagte ich leise. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wir waren nicht allein.
Langsam streckte ich meinen Arm aus, sodass ich mit den Fingern ihre Nase berühren konnte. Das schien sie etwas zu beruhigen. Doch die Anspannung lag noch in der Luft. „Du benimmst dich, als hättest du einen Geist gesehen“, flüsterte ich müde und sah mich im Zimmer um.
Plötzlich hörte ich einen ohrenbetäubenden Schrei von draußen. Sofort sprang ich auf, rannte zum Fenster und zog den Vorhang zur Seite, damit ich einen Blick auf die Straße vor der Wohnung erhaschen konnte. Ein kleines Mädchen rannte über die Straße zum Haus, welches sich neben unserer Wohnung befand und eigentlich leer stand. Sie gab ängstliche Laute von sich. Ich konnte nicht einfach wegsehen und musste raus. Es war dunkel und anscheinend hatte niemand den Schrei gehört, außer mir. Entschlossen schaute ich auf den Boden, auf dem Luna saß und mich erwartungsvoll anstarrte. „Ich gehe ja schon“, sagte ich und nahm mein Handy. Vielleicht würde ich die Polizei anrufen müssen. Ich behielt meine kurzen Schlafshorts und das dünne Top an. Draußen war es sowieso dunkel und sehr warm. Das hieß, mich würde keiner richtig sehen und frieren würde ich ebenfalls nicht. Vor lauter Stress vergaß ich auch, meine Schuhe anzuziehen. Also ging ich barfuß nach draußen und erleuchtete mir mit meinem Handy den Weg.
Ein wimmern kam aus dem Garten des verlassenen Hauses. Das Haus sah in der Dunkelheit noch mehr aus, wie ein Geisterhaus. Die Fassade war schon bei Tageslicht gruselig und definitiv nicht einladend. Nervös kletterte ich über den schmalen Zaun, der mich von dem Grundstück trennte. Ich schlich um das Haus herum und versuchte etwas zu erkennen. Der Weg in den Garten war extrem verwachsen und dreckig. Meine Füße würden nach dem Trip echt schmutzig sein und vielleicht auch verletzt, denn immer wieder trat ich auf scharfkantige Äste.
Da sah ich sie. Das Mädchen stand vor dem Schuppen im Garten und starrte auf die verschlossene Türe. Sie hatte dunkelbraunes, langes Haar, das mit einer Schleife nach hinten gebunden war. Komischerweise trug sie ein altmodisches Kleid in einem eher hässlichen Gelb. Das Mädchen war höchstens neun Jahre alt und machte den Eindruck, dass sie nicht aus dieser Zeit kam. Dennoch weinte sie und ich musste ihr helfen. Kleine Mädchen sollten um diese Uhrzeit zu Hause sein und seelenruhig schlafen. „Hey…ist alles in Ordnung bei dir? Ich kann dir helfen“, machte ich mich bemerkbar und leuchtete mit meinem Handy auf den Schuppen. Das Mädchen drehte sich langsam um. Was ich jetzt zu sehen bekam, ließ mich daran zweifeln, ob ich wirklich wach war. Ihr Gesicht war voller Blut. Als ich genauer hinsah, erkannte ich die Schusswunde, mitten auf ihrer Stirn. Mir drehte sich der Magen um und bald darauf übergab ich mich in den Busch neben mir. Was ging hier vor sich? Nachdem ich mich einigermaßen gefangen hatte, rannte jemand an mir vorbei. Geschockt schrie ich auf und leuchtete wieder auf das Mädchen. Vor ihr stand jetzt ein Mann mit einem Revolver und zielte direkte auf ihr Gesicht. Das musste ein Traum sein. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Grade, als ich dachte er würde schießen, drehte er sich in meine Richtung. Der Mann sah aus, wie aus einem echt guten Western-Film. Lange konnte ich ihn jedoch nicht bewundern, denn er richtete die Waffe auf mich. Noch bevor ich verstehen konnte, was grade geschah, feuerte er los. (…)
Ich rang nach Luft und zog heftig an dem Vorhang, den ich fest umklammert hielt. Verwirrt schaute ich mich um. Luna war grade damit beschäftigt zu gähnen und anschließend ihr braunes Fell zu putzen. Ich war in meinem Zimmer? Mitgenommen sah ich durch das Fenster auf die Straße und erwartete, ich würde gleich das Mädchen sehen. Aber die Straße war leer und still. Luna schien auch wieder normal zu sein, denn sie kuschelte sich grade an meine nackten Füße. Meine Atmung normalisierte sich allmählich. Anscheinend hatte ich doch nur eine Art Tagtraum gehabt oder sowas…
Doch als ich nach unten sah, weil ich Luna streicheln wollte, fiel mein Blick automatisch auf meine Füße. Meine Füße waren dreckig und zerkratzt. (…)
Langsam streckte ich meinen Arm aus, sodass ich mit den Fingern ihre Nase berühren konnte. Das schien sie etwas zu beruhigen. Doch die Anspannung lag noch in der Luft. „Du benimmst dich, als hättest du einen Geist gesehen“, flüsterte ich müde und sah mich im Zimmer um.
Plötzlich hörte ich einen ohrenbetäubenden Schrei von draußen. Sofort sprang ich auf, rannte zum Fenster und zog den Vorhang zur Seite, damit ich einen Blick auf die Straße vor der Wohnung erhaschen konnte. Ein kleines Mädchen rannte über die Straße zum Haus, welches sich neben unserer Wohnung befand und eigentlich leer stand. Sie gab ängstliche Laute von sich. Ich konnte nicht einfach wegsehen und musste raus. Es war dunkel und anscheinend hatte niemand den Schrei gehört, außer mir. Entschlossen schaute ich auf den Boden, auf dem Luna saß und mich erwartungsvoll anstarrte. „Ich gehe ja schon“, sagte ich und nahm mein Handy. Vielleicht würde ich die Polizei anrufen müssen. Ich behielt meine kurzen Schlafshorts und das dünne Top an. Draußen war es sowieso dunkel und sehr warm. Das hieß, mich würde keiner richtig sehen und frieren würde ich ebenfalls nicht. Vor lauter Stress vergaß ich auch, meine Schuhe anzuziehen. Also ging ich barfuß nach draußen und erleuchtete mir mit meinem Handy den Weg.
Ein wimmern kam aus dem Garten des verlassenen Hauses. Das Haus sah in der Dunkelheit noch mehr aus, wie ein Geisterhaus. Die Fassade war schon bei Tageslicht gruselig und definitiv nicht einladend. Nervös kletterte ich über den schmalen Zaun, der mich von dem Grundstück trennte. Ich schlich um das Haus herum und versuchte etwas zu erkennen. Der Weg in den Garten war extrem verwachsen und dreckig. Meine Füße würden nach dem Trip echt schmutzig sein und vielleicht auch verletzt, denn immer wieder trat ich auf scharfkantige Äste.
Da sah ich sie. Das Mädchen stand vor dem Schuppen im Garten und starrte auf die verschlossene Türe. Sie hatte dunkelbraunes, langes Haar, das mit einer Schleife nach hinten gebunden war. Komischerweise trug sie ein altmodisches Kleid in einem eher hässlichen Gelb. Das Mädchen war höchstens neun Jahre alt und machte den Eindruck, dass sie nicht aus dieser Zeit kam. Dennoch weinte sie und ich musste ihr helfen. Kleine Mädchen sollten um diese Uhrzeit zu Hause sein und seelenruhig schlafen. „Hey…ist alles in Ordnung bei dir? Ich kann dir helfen“, machte ich mich bemerkbar und leuchtete mit meinem Handy auf den Schuppen. Das Mädchen drehte sich langsam um. Was ich jetzt zu sehen bekam, ließ mich daran zweifeln, ob ich wirklich wach war. Ihr Gesicht war voller Blut. Als ich genauer hinsah, erkannte ich die Schusswunde, mitten auf ihrer Stirn. Mir drehte sich der Magen um und bald darauf übergab ich mich in den Busch neben mir. Was ging hier vor sich? Nachdem ich mich einigermaßen gefangen hatte, rannte jemand an mir vorbei. Geschockt schrie ich auf und leuchtete wieder auf das Mädchen. Vor ihr stand jetzt ein Mann mit einem Revolver und zielte direkte auf ihr Gesicht. Das musste ein Traum sein. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Grade, als ich dachte er würde schießen, drehte er sich in meine Richtung. Der Mann sah aus, wie aus einem echt guten Western-Film. Lange konnte ich ihn jedoch nicht bewundern, denn er richtete die Waffe auf mich. Noch bevor ich verstehen konnte, was grade geschah, feuerte er los. (…)
Ich rang nach Luft und zog heftig an dem Vorhang, den ich fest umklammert hielt. Verwirrt schaute ich mich um. Luna war grade damit beschäftigt zu gähnen und anschließend ihr braunes Fell zu putzen. Ich war in meinem Zimmer? Mitgenommen sah ich durch das Fenster auf die Straße und erwartete, ich würde gleich das Mädchen sehen. Aber die Straße war leer und still. Luna schien auch wieder normal zu sein, denn sie kuschelte sich grade an meine nackten Füße. Meine Atmung normalisierte sich allmählich. Anscheinend hatte ich doch nur eine Art Tagtraum gehabt oder sowas…
Doch als ich nach unten sah, weil ich Luna streicheln wollte, fiel mein Blick automatisch auf meine Füße. Meine Füße waren dreckig und zerkratzt. (…)
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Vorbei
moonlight13, 03:22h
Als die Türe aufging, bekam ich ein komisches Gefühl. Die WG betrat ich immer seltener, seitdem ich mit Marvin zusammen war. Das hatte viele Gründe, die ich zu einem späteren Zeitpunkt ausführen möchte. Dana öffnete die Türe und war ganz außer sich vor Freude, als sie mich sah. Aufgeregt drückte sie mich fest an sich. Sie trug sehr kurze Jeans und ein schwarzes Top. Ihre roten Haare trug sie offen. „Ich bin so froh, dass du doch gekommen bist. Wir sehen uns ja kaum noch!“, rief sie aus und führte mich in das Wohnzimmer, aus dem man schon von weitem Gelächter gehört hatte. Am großen Esstisch neben der Wand saßen alle zusammen. Noah, Jonah und Nick. Alle schauten überrascht zu mir, als ich mich neben sie auf einen freien Stuhl setzte. „Was? Ich bin doch kein Geist“, sagte ich belustigt und grinste alle an. „Ja, es gibt sie wirklich noch!“, pflichtete Dana mir bei und klopfte mir mit guter Laune auf die Schulter. Dann konnte der Spiele-Abend ja losgehen. (…)
Nach unzähligen Brettspielen rastete ich bei *Monopoly* komplett aus. Es dauerte nämlich nicht lange und ich verlor das gesamte Spielgeld. An dem Abend wurde viel gelacht, auch als ich über das Spielbrett griff und Nicks 500 Euro-Schein in der Luft zerriss. Bei echtem Geld hätte vermutlich keiner mehr gelacht. Nach dem Spielen klopfte Jonah auf den Tisch. „So, wir haben Nachos hier. Ich mache jetzt meine berühmte Nacho-Soße!“, verkündete er, als hätte die Soße einen Preis verdient. „Die wirst du lieben“, sagte Noah an mich gewandt und grinste schief. Das konnte nichts Gutes heißen. Jonah stand auf und ging in die Küche. Dana begann den Tisch etwas aufzuräumen, weil sich Süßigkeiten dort stapelten. Nick lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tippte auf seinem Handy herum. Nur Noah saß still dort und starrte mich an, als wäre ich ein Zombie. „Was ist?“, fragte ich genervt und rollte mit den Augen. „Wie läuft´s so…mit Marvin?“, wollte Noah geradeheraus wissen. Dabei verzog er keine Miene. Man konnte seine Gefühle einfach nicht lesen. Ich wollte nicht offen sprechen, jetzt nicht und nicht hier. „Bestens“, log ich schnell. „Wir sind sogar verlobt.“
Kaum war die Lüge ausgesprochen, ließ Dana ein Glas fallen. Die Scherben flogen quer über den Laminat-Boden. Alle Augenpaare waren geschockt auf mich gerichtet. „Ist das dein Ernst?“, Nick war der Erste, der seine Sprache wiederfand. „Wieso nicht? Ich liebe ihn“, sagte ich knapp und starrte auf das Glas mit Cola in meinen Händen. Noah sprang auf und ging aus dem Zimmer. (…)
Der Abend hatte schön angefangen, entwickelte sich aber immer mehr in die falsche Richtung. Die Stimmung war immer noch gut, jedoch nicht mehr ausgelassen. Wir aßen die Nachos mit der viel zu scharfen Käsesoße, die uns Jonah zubereitet hatte und sahen uns einen Film an. Noah blieb in seinem Zimmer, den ganzen Abend über. Zwischendurch schaute ich immer wieder auf mein Handy, weil ich auf eine Nachricht von Marvin wartete. Es war der erste Abend seit langem, dass wir wieder getrennt weg gingen. Ich hatte große Sorge, dass er Mist bauen würde. (…)
Die Couch im Wohnzimmer war so groß und gemütlich, dass Dana nach kurzer Zeit schon eingeschlafen war. Sie kuschelte sich an Nick, der ihr immer wieder Küsse auf die Stirn gab. Dana schlief aber er hörte nicht damit auf. Da wurde mir eins bewusst: Wenn ein Mann eine Frau küsst, obwohl er genau weiß, dass sie schläft, liebt er sie inständig. In dem Moment erwartet er nämlich keine Gegenleistung. Er möchte einfach nur Liebe geben. Ich erwischte mich dabei, wie ich die beiden anstarrte. Jonah war der Einzige, der sich auf den Film konzentrierte. Um mich abzulenken, musste ich den Raum verlassen. „Ich gehe mal auf Klo“, flüsterte ich in Jonahs Richtung. Er nickte, schaute mich aber nicht an.
Im Badezimmer angekommen ließ ich die Türe auf, weil ich das Gefühl hatte zu ersticken. Irgendetwas stimmte nicht und Marvin meldete sich auch nicht mehr. Geschwächt kühlte ich meine Wangen mit Kranwasser ab. Am liebsten hätte ich mein Handy gegen die Wand geschmettert und wäre zusammen gebrochen. Das war so unfair! Marvin verlangte von mir immer erreichbar zu sein. Vor allem, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Und er konnte tun und lassen was er wollte, ohne Angst vor möglichen Konsequenzen. Damit würde jetzt Schluss sein. Mir wurde übel. Mein Magen zog sich zusammen und das Flüstern fing an mich in den Wahnsinn zu treiben. „Schau hin“, hörte ich. „Schau, was er wirklich macht!“ Plötzlich sah ich Marvin vor mir, wie er mit einem anderen Mädchen rummachte. Erschüttert versuchte ich, das Bild weg zu blinzeln. Dabei ließ ich mich zu Boden fallen und setzte mich auf den flauschigen Teppich, den Jonah einmal aus dem Urlaub mitgebracht hatte.
„Du hast gelogen“, meldete sich Noah zu Wort. Er stand im Türrahmen und setzte sich auch auf den Boden, allerdings mit reichlich Abstand. „Wieso lässt er mich immer alleine, wenn ich ihn brauche? Wieso verlangt er…so viel Veränderung und vor allem…wieso kann ich ihn nicht bedingungslos glücklich machen?“, weinte ich los und starrte auf das verfluchte Handy in meiner Hand. Es klingelte nicht. Noah rückte etwas näher und seine Gesichtszüge wurden weicher. „Er meldet sich nicht? Wo ist er denn?“, hakte er behutsam nach. „Ich denke, bei einem Freund…aber wer weiß…ich weiß gar nichts mehr“, gestand ich traurig. Eine bekannte Leere machte sich in meinem Herzen breit. Sie drohte mich zu verschlingen und zurück in die Dunkelheit zu ziehen. „Hört sich nicht gut an…“, gestand Noah mitfühlend. „Er weiß offenbar nicht, wen er da an seiner Seite hat.“
Ich hielt inne und sah ihn fragend an. „Du bist ein verdammt guter Mensch…mein Gott und du hast sowas nicht verdient! Es macht mich verrückt, dass du niemals Pause hast! Liebt er dich?“ Meine Welt brach zusammen und ich wusste nicht einmal, warum genau. Die letzten Wochen hatte ich so viel in diese Beziehung investiert, dass mich jeder Rückschlag nur noch fertig machte. „Ja“, antwortete ich und stand auf. Ich wollte nur noch weg. (…)
Es war dunkel, als ich mit meinem Auto nach Hause fuhr. Immer noch keine Nachricht von Marvin. Von Anfang an bestand unsere Beziehung nur aus purem Kampf. Wir beide mussten vieles ändern, um überhaupt zusammen sein zu können. Und jetzt? Jetzt machte er den gleichen Fehler, wie schon gefühlt tausend Mal zuvor. Er verschwand und meldete sich stundenlang nicht mehr. Mitten in der Nacht. Mit seinen Freunden, die mir teilweise äußerst fragwürdig erschienen. Würde ich es ihm verzeihen, nachdem er mich schon so oft verletzt hatte? Nein. Diesmal nicht. Ich konnte nicht mehr und mein Herz auch nicht. Marvin sperrte mich ein, nahm den Schlüssel und flog dann selbst davon. So eine Art von Beziehung konnte ich nicht mehr führen.
Mental zerstört parkte ich mein Auto an der gewohnten Stelle, vor meiner Wohnung. Ich weinte, natürlich tat ich das. Insgeheim versprach ich mir, dass es das letzte Mal sein würde. Die Grenze war erreicht. Müde stampfte ich die Treppen hinauf und flüchtete sofort in mein Zimmer, als ich die Wohnung betrat. Dort kauerte ich mich auf den kalten Boden und heulte bitterlich. Etwas klopfte an die Wand aber mir war es mittlerweile egal. Erst, als Sirenen in meinem Kopf zu hören waren, zuckte ich zusammen und hielt mir die Ohren zu. Kein Krankenwagen war in der Nähe, alles spielte sich in meinem Kopf ab. „Gott..bitte mach, dass es aufhört. Alles. Die Geräusche, die Schmerzen, das Weinen, die Liebe…mein Leben“, betete ich leise.
Nach unzähligen Brettspielen rastete ich bei *Monopoly* komplett aus. Es dauerte nämlich nicht lange und ich verlor das gesamte Spielgeld. An dem Abend wurde viel gelacht, auch als ich über das Spielbrett griff und Nicks 500 Euro-Schein in der Luft zerriss. Bei echtem Geld hätte vermutlich keiner mehr gelacht. Nach dem Spielen klopfte Jonah auf den Tisch. „So, wir haben Nachos hier. Ich mache jetzt meine berühmte Nacho-Soße!“, verkündete er, als hätte die Soße einen Preis verdient. „Die wirst du lieben“, sagte Noah an mich gewandt und grinste schief. Das konnte nichts Gutes heißen. Jonah stand auf und ging in die Küche. Dana begann den Tisch etwas aufzuräumen, weil sich Süßigkeiten dort stapelten. Nick lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tippte auf seinem Handy herum. Nur Noah saß still dort und starrte mich an, als wäre ich ein Zombie. „Was ist?“, fragte ich genervt und rollte mit den Augen. „Wie läuft´s so…mit Marvin?“, wollte Noah geradeheraus wissen. Dabei verzog er keine Miene. Man konnte seine Gefühle einfach nicht lesen. Ich wollte nicht offen sprechen, jetzt nicht und nicht hier. „Bestens“, log ich schnell. „Wir sind sogar verlobt.“
Kaum war die Lüge ausgesprochen, ließ Dana ein Glas fallen. Die Scherben flogen quer über den Laminat-Boden. Alle Augenpaare waren geschockt auf mich gerichtet. „Ist das dein Ernst?“, Nick war der Erste, der seine Sprache wiederfand. „Wieso nicht? Ich liebe ihn“, sagte ich knapp und starrte auf das Glas mit Cola in meinen Händen. Noah sprang auf und ging aus dem Zimmer. (…)
Der Abend hatte schön angefangen, entwickelte sich aber immer mehr in die falsche Richtung. Die Stimmung war immer noch gut, jedoch nicht mehr ausgelassen. Wir aßen die Nachos mit der viel zu scharfen Käsesoße, die uns Jonah zubereitet hatte und sahen uns einen Film an. Noah blieb in seinem Zimmer, den ganzen Abend über. Zwischendurch schaute ich immer wieder auf mein Handy, weil ich auf eine Nachricht von Marvin wartete. Es war der erste Abend seit langem, dass wir wieder getrennt weg gingen. Ich hatte große Sorge, dass er Mist bauen würde. (…)
Die Couch im Wohnzimmer war so groß und gemütlich, dass Dana nach kurzer Zeit schon eingeschlafen war. Sie kuschelte sich an Nick, der ihr immer wieder Küsse auf die Stirn gab. Dana schlief aber er hörte nicht damit auf. Da wurde mir eins bewusst: Wenn ein Mann eine Frau küsst, obwohl er genau weiß, dass sie schläft, liebt er sie inständig. In dem Moment erwartet er nämlich keine Gegenleistung. Er möchte einfach nur Liebe geben. Ich erwischte mich dabei, wie ich die beiden anstarrte. Jonah war der Einzige, der sich auf den Film konzentrierte. Um mich abzulenken, musste ich den Raum verlassen. „Ich gehe mal auf Klo“, flüsterte ich in Jonahs Richtung. Er nickte, schaute mich aber nicht an.
Im Badezimmer angekommen ließ ich die Türe auf, weil ich das Gefühl hatte zu ersticken. Irgendetwas stimmte nicht und Marvin meldete sich auch nicht mehr. Geschwächt kühlte ich meine Wangen mit Kranwasser ab. Am liebsten hätte ich mein Handy gegen die Wand geschmettert und wäre zusammen gebrochen. Das war so unfair! Marvin verlangte von mir immer erreichbar zu sein. Vor allem, wenn ich mit Freunden unterwegs war. Und er konnte tun und lassen was er wollte, ohne Angst vor möglichen Konsequenzen. Damit würde jetzt Schluss sein. Mir wurde übel. Mein Magen zog sich zusammen und das Flüstern fing an mich in den Wahnsinn zu treiben. „Schau hin“, hörte ich. „Schau, was er wirklich macht!“ Plötzlich sah ich Marvin vor mir, wie er mit einem anderen Mädchen rummachte. Erschüttert versuchte ich, das Bild weg zu blinzeln. Dabei ließ ich mich zu Boden fallen und setzte mich auf den flauschigen Teppich, den Jonah einmal aus dem Urlaub mitgebracht hatte.
„Du hast gelogen“, meldete sich Noah zu Wort. Er stand im Türrahmen und setzte sich auch auf den Boden, allerdings mit reichlich Abstand. „Wieso lässt er mich immer alleine, wenn ich ihn brauche? Wieso verlangt er…so viel Veränderung und vor allem…wieso kann ich ihn nicht bedingungslos glücklich machen?“, weinte ich los und starrte auf das verfluchte Handy in meiner Hand. Es klingelte nicht. Noah rückte etwas näher und seine Gesichtszüge wurden weicher. „Er meldet sich nicht? Wo ist er denn?“, hakte er behutsam nach. „Ich denke, bei einem Freund…aber wer weiß…ich weiß gar nichts mehr“, gestand ich traurig. Eine bekannte Leere machte sich in meinem Herzen breit. Sie drohte mich zu verschlingen und zurück in die Dunkelheit zu ziehen. „Hört sich nicht gut an…“, gestand Noah mitfühlend. „Er weiß offenbar nicht, wen er da an seiner Seite hat.“
Ich hielt inne und sah ihn fragend an. „Du bist ein verdammt guter Mensch…mein Gott und du hast sowas nicht verdient! Es macht mich verrückt, dass du niemals Pause hast! Liebt er dich?“ Meine Welt brach zusammen und ich wusste nicht einmal, warum genau. Die letzten Wochen hatte ich so viel in diese Beziehung investiert, dass mich jeder Rückschlag nur noch fertig machte. „Ja“, antwortete ich und stand auf. Ich wollte nur noch weg. (…)
Es war dunkel, als ich mit meinem Auto nach Hause fuhr. Immer noch keine Nachricht von Marvin. Von Anfang an bestand unsere Beziehung nur aus purem Kampf. Wir beide mussten vieles ändern, um überhaupt zusammen sein zu können. Und jetzt? Jetzt machte er den gleichen Fehler, wie schon gefühlt tausend Mal zuvor. Er verschwand und meldete sich stundenlang nicht mehr. Mitten in der Nacht. Mit seinen Freunden, die mir teilweise äußerst fragwürdig erschienen. Würde ich es ihm verzeihen, nachdem er mich schon so oft verletzt hatte? Nein. Diesmal nicht. Ich konnte nicht mehr und mein Herz auch nicht. Marvin sperrte mich ein, nahm den Schlüssel und flog dann selbst davon. So eine Art von Beziehung konnte ich nicht mehr führen.
Mental zerstört parkte ich mein Auto an der gewohnten Stelle, vor meiner Wohnung. Ich weinte, natürlich tat ich das. Insgeheim versprach ich mir, dass es das letzte Mal sein würde. Die Grenze war erreicht. Müde stampfte ich die Treppen hinauf und flüchtete sofort in mein Zimmer, als ich die Wohnung betrat. Dort kauerte ich mich auf den kalten Boden und heulte bitterlich. Etwas klopfte an die Wand aber mir war es mittlerweile egal. Erst, als Sirenen in meinem Kopf zu hören waren, zuckte ich zusammen und hielt mir die Ohren zu. Kein Krankenwagen war in der Nähe, alles spielte sich in meinem Kopf ab. „Gott..bitte mach, dass es aufhört. Alles. Die Geräusche, die Schmerzen, das Weinen, die Liebe…mein Leben“, betete ich leise.
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